Der Müllendorfer Hof
Ein heimatgeschichtlicher Beitrag aus alten Akten von Werner Reinartz, Baal
1. Der Müllendorfer Hof war ein Sonnenlehen
"Der Hoff zu Müllendorff ist ein frey Sonnenlehen, wirdt auch von selbiger empfangen." Mit diesen Worten, die eine alte Handschrift aus der Mitte des 17. Jahrhunderts einleiten, wird die Sonderstellung des Hofes zu Müllendorf innerhalb der damaligen größeren Lehen gekennzeichnet; der Hof zu Müllendorf, der gleichzeitig auch als ein freier adeliger Hof bezeichnet wird, war ein Sonnenlehen, deren bisher nur wenige bekannt geworden sind.
Wie die Burgen und Höfe des Geilenkirchener Landes bis zum Beginn der französischen Fremdherrschaft als Herrenlehen unter besonderen Gebräuchen durch den Statthalter der zuständigen Mannkammer Geilenkirchen im Beisein der beiden Mannen vom Lehen im Namen des Landesherrn vergeben und empfangen wurden, so hatten sich auch bei der Übernahme eines Sonnenlehens bestimmte Gebräuche entwickelt, die Jahrhunderte hindurch festgehalten und bei den vorkommenden Übertragungen in aller Ausführlichkeit geschildert wurden. Durch diese Gebräuche sollte die Eigenart eines Sonnenlehens besonders gekennzeichnet werden. Wenn ein solches Sonnenlehen nämlich durch Vererbung oder Verkauf einen neuen Besitzer erhielt, so warf dieser oder sein bevollmächtigter Stellvertreter eine Münze in Richtung auf die Sonne hin, um so die Übergabe des unabhängigen Lehens durch die Sonne und die nachfolgende Besitzergreifung durch den neuen Herrn symbolisch anzudeuten. Durch diese damals gebräuchliche Art der Übertragung wird es verständlich, wenn gerade über die Sonnenlehen nur wenige Archivalien auf die Gegenwart gekommen sind. Doch konnte über den Müllendorfer Hof einiges Schriftgut sichergestellt und dem Archiv des Selfkantkreises Geilenkirchen - Heinsberg übermittelt werden Aus diesen alten Akten des 16. und 17. Jahrhunderts wurden die nachfolgenden Ausführungen über den Müllendorfer Hof zusammengestellt.
2. Der Müllendorfer Hof und seine Erträge
Die "Solstatt sambt dem Mueßqardten'', also der eigentliche Hof mit seinen aufstehenden Gebäulichkeiten und dem anschließenden Gemüsegarten, umfaßte zwei Morgen an Fläche. Außerdem gehörten zu dem Hof in der Mitte des 17. Jahrhunderts noch ungefähr 170 Morgen Ackerland, 11 Morgen Benden und 22 Morgen Weiden. Der Hof hatte von diesen Ackerländereien und Benden den gewöhnlichen Zehnten zu entrichten, wovon nur zehn Morgen Ackerland 'aus nicht genannten Gründen ausgenommen waren. Außerdem erhielt die zuständige Kirche zu Würm als eine besondere Abgabe alljährlich sieben Quart Öl und der Küster derselben sieben Roggen- und sieben Hafergarben. Sonst war der Hof "von allen andern Außgulden1) frey". Die jeweiligen adeligen Eigentümer bewohnten den Hof natürlich nicht selbst, sondern ließen ihn durch einen Halbwinner gegen die damals übliche Naturalrente verwalten. Dieser hatte jährlich an Früchten zu liefern 29 Malter Roggen, 15 Malter Weizen, 16 Malter Gerste, 26 Malter Hafer, 16 Malter Spelz und 2 Malter Erbsen. Dazu kam noch die jährliche Lieferung von vier Pfund Zucker, zwei Pfund "Genqber'?', ein Viertelpfund "Nägell",3) sechs Stein Flachs, zwei Schweinen vom Trog, einem Kalb, einem Lamm und einem Hammel, "aus der Herden von der Herrschafft zu kiesen"." An barem Gelde waren noch 52 Reichstaler aufzubringen; außerdem mußte der Halbwinner für seine Herrschaft noch vier Kohlenfahrten "mit der Lösunq'"? übernehmen. Die vorher genannten Lieferungen für Kirche und Küster in Würm hatte der Halbwinner ebenfalls zu leisten. Die Lehnsteuern dagegen trug der adelige Besitzer ganz; die mannigfachen Kontributionsgelder bei den häufigen Kriegen der damaligen Zeit, die meistens auf die Morgenzahl umgelegt wurden, übernahm er nur zu einem Drittel, die restlichen zwei Drittel gingen auf Kosten .des Halbwinners.
3. Die Laten des Müllendorfer Hofes
Außer den Erträgen aus der Verpachtung des eigentlichen Hofes, die der. Halbwinner zu liefern übernommen hatte, erhielt der Besitzer auch noch weitere Abgaben von den Ländereien, die im Laufe der Jahre von den ursprünglichen Hofsländereien abgesplissen worden waren, wobei die neuen Inhaber zu bestimmten pachtähnlichen Abgaben verpflichtet wurden. Die Inhaber dieser Splisse wurden die Laten genannt, ihre Ländereien waren die Latgüter; diese konnten von den Laten wieder verkauft oder vererbt werden.' Innerhalb von sechs Wochen mußten die Latgüter neu ernpfanqeri werden; wenn der frühere Inhaber "gepurenden Verzigh und Ausgangk gethan, ist der Gelder darauff geerbet wie hoffsbreuchlich". Demnach hatte sich also auch dabei ein gewisser Brauch entwickelt, unter dem die fraglichen Latgüter übertragen wurden. Dabei wurden dieser neuen Übertragung entgegenstehende Rechte des Latherrn oder anderer immer wieder vorbehalten. Die Latgüter des Miillendorfer Hofes erstreckten sich bis in die Nachbargemarkungen von Prummern und Süggerath. Alle Laten schwüren ihrem Latherrn, also dem Besitzer des Müllendorter Hofes, irn Beisein zweier Latscheffen einen besonderen Treueid, wie es von altersher Brauch war. Das besagt eine Eintragung vom 28. November 1676: "Auff Absterben Syben Randerath und Casparen Gyßen seint zu newen Laeten angesetzet worden Drieß Rinckentz undt Anthonen l.erschmechers undt haben übermitz Stadthelders vorschr(even) undt Laetscheffen Henrichen Rinckens den Laeten-Eydt außgeschworen wie hoffsbreuchlich." .
4. Die "Laetbanck Mullendorff'
Der Grundherr hatte also immer noch ein Verfügungsrecht über den Boden, der aus dem ehemaligen Grundbesitz des Hofes den Umwohnern zur Bearbeitung überlassen worden und dadurch auf dem Hof zu Müllendorf "Iehenrorich", "Iaetrurigh" oder auch "churmuhtig" geworden war. Eine landesherrliche Verordnung vom Jahre 1558 stellte noch besonders fest, daß die Inhaber der Latgüter auch weiterhin besonderen Hofgedingen, den Latbänken oder Latgerichten, unterstellt waren, bei denen die Vererbungen. und Veräußerungen dieser Latgüter angemeldet werden mußten. Dort sollte ebenfalls über die vorkommenden Streitigkeiten, besonders wegen der fälligen Belastungen und Abgaben, geurteilt werden. Der Verkauf, der Tausch oder die Teilung sowie jede Belastung oder Verpfändung von Latgütern war von der Zustimmung des Latherrn abhängig. So regelte die Latbank die wechselseitigen Rechte und Pflichten des Latherrn und seiner Laten. Soweit nicht der Latherr selbst den Vorsitz bei Verhandlungen der Latbänke führte, was aber nur selten der Fall war, entsandte er als seinen Stellvertreter den Rentmeister, der sich dann bei den Verhandlungen der Latbank als Latstatthalter oder auch als Latschultheiß bezeichnete. Er war der einseitige Vertreter der Rechte und Belange seines Herrn. Die Rechte der Laten wurden durch deren Vertreter wahrgenommen, wobei meistens zwei besonders gewählte Laten als Beisitzer oder Latscheffen in Erscheinung treten. Die Anwesenheit des Latstatthalters und der beiden Latscheffen als Beisitzer wird in den erhaltungebliebenen Verhandlungsprotokollen immer besonders erwähnt. Die Latscheffen schworen einen besonderen Eid, der, wenn auch bei einer anderen Latbank, erhaltengeblieben Ist": er lautet "Ich globe und schwere zu Gott, daß ich dem anwesenden Junckern oder dessen Scholtheißen als Volmachtigen meines Laetherren und seinen Erben trew und holt zu sein, sein Bestes zu werben und Argstes zu warnen, die Laetbanck zu stercken und nit zu schweqqen", nichts darin verkurtzen oder verdunckelen, es were mit Gelten, Verkaufen, Versetzen oder sonsten, wie es, Nahmen haben mag, in eynigerleyweis verergeren, und was mir davon vorkompt, meinem Laetherren und desselben Scholtheissen dasjenig zu verkundigen und deren Nutz und Vortheil vorzuwenden, und das Lastgut, so duck das noth und gebühren wird, bey meinem Laetherren oder desselben Erben von newen empfangen und sonsten dasjeniges thun, was ein Laetscheffen seinem Laetherren zu thun schuldig ist, als mir Gott helffe und sein heiliges Evangelium." Die Niederschriften der Latbank fertigte der Latschreiber an, während der Latbote die notwendigen Gänge und Vorladungen besorgte.
5. Die Verhandlungen der Latbank
Wer durch den Latboten zu einer Verhandlung der Latbank vorgeladen worden war und nicht erschien, konnte in eine Geldbuße genommen werden. Eine dreimalige Versäumnis hatte vielfach die Zurütkforderung des Latgutes, die "Benachtung", zur Folge. Diese mußte dreimal in Abständen von je vierzehn Tagen durch zwei Latscheffen angekündigt und sechs Wochen und drei Tage in der Kirche proklamiert werden. Wer sich der Benachtung widersetzte und sie "schrecken" wollte, mußte sich vor dem Latgericht wegen seines Verhaltens rechtfertigen. War dabei die Benachtung bereits durch den für die damaligen öffentlichen Bekanntmachungen üblichen Kirchenruf verkündigt, so konnte der säumige Late nur noch erklären, daß er die Ansprüche seines Latherrn innerhalb von weiteren sechs Wochen und drei Tagen befriedigen werde, wenn er sein Latgut behalten wollte. Die Verhandlungen vor der einberufenen Latbank verpflichteten die beteiligten Laten zur Abgabe von 31/2 Quart Wein als "Laetgerechtigkeit", davon erhielt der Latstatthalter zwei, der Latschreiber eine und der Latbote eine halbe Quart, während sich die beiden teilnehmenden Latscheffen mit einem Sumber Bier zufriedengeben mußten. Diese Kostenaufstellung war "von alters gewonlich" in den vorliegenden Aufzeichnungen erscheint sie allerdings erst am 28. März 1621 erstmalig - und blieb daher auch jahrhundertelang in Übung. Sie wurde später unter dem neuen Namen "Erbungsjura" in Geld abgelöst und betrug dann elf Schillinge, von denen die Halbscheid den beiden Latscheffen zukam.
5. Der Eid des Latboten Thoniß Kremer vom Jahre 1627
Die Laten mußten bei der Übernahme der Latgüter "den gewöhnlichen Laht-Aydt" beider Latbank schwören, dessen Wortlaut aus den vorliegenden Akten nicht zu ermitteln ist. Ebenso schworen die Latscheffen, wie bereits angedeutet wurde, bei dem Antritt ihres Amtes noch einen besonderen Eid und gelobten darin dem Latherrn Treue und Huld, wie aus einer Eintragung vom 3. Februar 1704 hervorgeht. Dort heißt es nämlich: "Auff Absterben Lenerten Lehrsmecher ist zum newen Lahtscheffen ahngeben worden Gordt Reinkens, hait Trew undt Holdt ahngelobt ubermitz Oe Haek undt Peter Reinkens, wie auch den gewohnlichen LahtAydt außgeschworen." Der hier genannte Dederich von den Hack war Rentmeister auf Schloß Leerodt und daher der Latstatthalter, während Peter Reinkens der Latscheffe war. Um diese Zeit werden Johann Peter Graß als Latschreiber und Hermann Cremer als Latbote genannt. Der letztere schwor den gleichen Eid, wie ihn bereits Thoniß Kremer im Dezember des Jahres 1627 geschworen hatte, als er zum Latboten angesetzt wur.de. Letzterer war noch vor dem Jahre 1635 gestorben; denn am 24. Januar 1635 war "Thonißen Kremer, geweßenen Latboten seligen, Haußfraw ldtqen erschienen und hat ihre auff den Hoff Müllendorff sortirende Gütter auffgenohmen". Dieser Eid des Latboten ist in seinem Wortlaut erhalten geblieben: "Ich schwere zu Gott, dem Statthalter und Laetscheffen .qewertiq und gehorsamb zu sein, auch alles, was mir von Gerichtswegen bevohlen wirdt, fleißig undt getreulich zu verkündigen undt außzurichten, wie recht ist, undt davon in dem Gericht glaubliche Berichtungh zu thun, undt mich mit Gelde oder durch Bede" nicht umbkauffen oder bewegen lassen, die Verkundigungh anders, dan mir bekohlen, zu thun oder zu hinderlassen, auch mit Reisen, dahe es nohtig, mir trewlich verhalten, undt das ich das Gericht auch getrewlich ehren undt furderen will, undt ob ich des Gerichts Heimlichkeit wenig oder viell horen, vernehmen oder erlehrnen wurde, dasselbige zu aller Zeit insgeheim bey mir halten und verschweigen und sonst alles anders thun solle und wolle, was einem frommen und getrewen Laetbotten und Diener ambtshalber zustehet; Sonder alle Gefehrde und Argelist."
6. Die Abgaben der Laten
Der Eigentümer des Müllendortes Hofes erhielt von seinen Laten die jährlichen Erbpächte, auch "Gerechtigkeiten" genannt; sie beliefen sich im ganzen auf 141/2 Malter Roggen, 51/2 Malter Hafer und 2 Sumber Weizen. Dazu kamen noch als weitere Abgaben besonderer Art sechs Hühner, zwei Kapaune, wie auch Pfennigsgeld und der Wertschilling von sechs Kurmuthsgütern. Diese Erbpächte bestanden in bestimmten Getreidemengen, die der einzelne Inhaber eines Latgutes auf dem Müllendorter Hofe alljährlich abzuliefern hatte. Manche dieser Erbpächte werden noch dazu als "Erb- FahrPacht" besonders hervorgehoben, weil bei nicht rechtzeitiger Ablieferung der Auflage die Gefahr bestand, daß der Inhaber dieser Länderei sein Latgut ohne weiteres verlieren konnte. Als allgemeiner Abgabetag war "Aller-Kinder- Tag", der 28. Dezember, vorgesehen, an dem des Nachmittags um zwei Uhr, jedenfalls aber noch "vor Sonnen- Untergang", zu liefern war. Die Säumigen wurden ihrer Latgüter für verlustig erklärt, "benachtet". Diese Benachtung wurde an drei verschiedenen Tagen von den Latscheffen ausgesprochen. Es blieb dann nichts anderes mehr übrig, als schleunigst die Lieferung nachzuholen. Das "Pfennigsgeld" führte als eine Art Anerkennungsgebühr seinen Namen zu recht; denn mancher gab wirklich von seinem Latgut "auff dem Hoff zu Müllendorff järlichs einen Pfenning". So wurde in 35 Fällen auch nur ein ganzer Pfennig gegeben; nur in zwei Fällen waren zwei und in nur einem Falle von dem Halfen Christian Borgs (1745 - 1808) selbst am Ende des 18. Jahrhunderts drei Pfennige abzuliefern. Der "Werfschilling" war noch eine besondere Abgabe des elften Pfennigs, also des elften Teiles der Kaufsumme, beim Verkauf von denjenigen Latgütern, die alljährlich das Pfennigsgeld geben mußten und daher "mit Werbgeldt verflicht" waren. Der Werfschilling mußte dem Latherrn bezahlt werden. So quittierte der Rentmeister Urban Abels über fünf Königstaler als Werfschilling, als am 18. Januar 1621 Peter Jenckens ' "den halben Morgen' nach dem Schall vor einhondertundzehen Thaler, wie das Geldt anno 1600 allein im Ambt Randeradt gangbar gewesen", angekauft hatte. Bei der Verweigerung desvverfschillinqs konnte die bereits erwähnte Benachtung ausgesprochen werden. Am 14. Juli 1593 hatten Gottschalck und sein Sohn Gordt von Porsel(en) drei Viertel Benden für 135 Taler an Goertt Noetlichs und seine Hausfrau Maria uff dem Hoff weitervererbt; von dem Grundstück war ebenfalls das Pfennigsgeld zu liefern. Die letzteren verweigerten aber die Zahlung des Werfschillings. Deshalb mußte der Latstatthalter den Bend am 9. November 1593 "im namen meyner gepittender Jufferen Maria von Lutzeraidt thun bonachten, von wegen, daß sey deß Werffschillings unwillich wairen. Und also die eirste Benachtungh kondt gethain dorch Dirrich Beyn und Wilhelm Esser. Am eirsten Decembri die 2. Benachtungh gethain dorch Wilhelm Esser und Peter Tetzen; die dritte Benachtungh gethain am 14. Decembri dorch Merten Speis und Johan Hermans. Am 29. haben sey sich mit mir dessen Werffschillinghs halber. yergelichen in Beywesens Dirrich Beyns und Wilhelm Essers.' Die "Kurmuth" war eine andere Abgabe von einzelnen Grundstücken, bei deren Freiwerden durch den Tod des bisherigen Kurmuthträgers eine besondere Leistung oder das beste Stück aus dem Nachlaß nach Wahl des Grundherrn in Frage kam. Eine Kurmuth wurde am 3. November 1560 mit sechs Taler und noch einen halben Taler "in dat Gelaich" abgelöst. Ebenso löste Johann Apweiler am letzten Mai des Jahres 1614 eine "Pertz - Churmudt", bei der also eigentlich ein Pferd abzuliefern war, mit zehn Reichstaler in bar ab. Diese verschiedenen Abgaben wurden durch die Jahrhunderte hindurch geleistet; erstnach der Eingliederung des linken Rheinufers in die französische Republik wurden die meisten gutsherzlichen Rechte abgeschafft. Am 6. Germinal des VI. Jahres (25. März 1798) erließ der Regierungskommissar Rudler in Gemäßheit des französischen Gesetzes vom 28. März 1790 eine Anordnung, wonach diese Rechte sogar ohne • jede Entschädigung abgeschafft wurden.
7. Besitzer des Müllendorfer Hofes im 16. Jahrhundert
Im Anfange des 16. Jahrhunderts - die vorliegenden Aufzeichnungen beginnen mit dem Jahre 1528 - wird als Besitzer des Hofes zu Müllendorf der Junker Johann vonRanderadt zu Horrich genannt. Dieser hinterließ bei seinem Tode die drei Kinder Junker Hermann, Junker Hynrich und die Juffer Lysbeth, die mit Franz von Vercken verheiratet war. Die Vormünder dieser drei Kinder waren Junker Jacob von Randeradt und Junker Schaylsberg. Diese übergaben aus ungenannten Gründen den Hof zu Müllendorf am 2. März 1548 unter den üblichen Gebräuchen dem Amtmann Lambert Westerborger zu Rechkom als dem Abgesandten des Herrn von Arenberg. Diese Übertragung geschah im Beisein und mit Willen der drei genannten Kinder von Randeradt. Von den beiden genannten Vormündern wurde der Hof zunächst zum Zeichen, daß die bisherigen Besitzer ihre Rechte aufgegeben hatten, an das Latgericht zurückgegeben, ehe ihn dann der Bevollmächtigte des neuen Besitzers als Sonnen lehen unter den üblichen Gebräuchen durch Aufwerfen eines halben Talers übernahm. Die ausführliche Eintragung dieses Vorgangs ist jedenfalls von größerem Interesse: "A(nn)o D(omi)ni XVc XLVIII,9) den thveyden Daich in den Mertz, umbtrynt zo X Urren vur Myddaich, doe haven dey Vurmunder Joncker Johans Kynder van Randenraidt ader Hoerich myt Namen Joncker Jacop van Randenraidt und Joncker Schaylsberch, dy haven dy Vurmunderschaff overgedragen den Gescheickden des Herren van Arenborgh myt Namen Lambert Westerborger, Amptmann zo Rechkom, und ys gescheyt myt Wyllen und Byweissens der Kynder van Randenraidt ader Hoerich myt Namen Joncker Herman, Joncker Hynrich und Joffer Lysbet ader Joncker Frans Vercken van erentwegen, und havent myt Halm und Mundt oeuvergedragen in Hant des Statthelders und Laten, und doe hayt der Gescheyckde vonwegen des Herrn vanArenborch den Hoff untfangen myt allen synen In- und Zogehoyr myt eynen blynchenden Penynck in thegen der Sonnen, myt Namen 1/2 Daler und hayt onch alle Gerechticheit geven, dey nu dey Laten erkant haben." Nach wenigen Jahren schon verpfändete der Herr von Arenberg den Hof wieder weiter als Sicherheit. Am 24. März des Jahres 1552 hatte der Bevollmächtigte des Herrn von Arenberg mit Namen Evert van den Graff den Mülllendorfer Hof mit allem seinem In- und Zubehör empfangen und ihn dann dem Junker Wylm Kesken übertragen. Dieser empfing den Hoi in Pfandschaft "myt eynen bienchenden Pennynck in theegen der Sonnen als eyn Panther"? des Hoffs, als Breff ind Segell vermeiden". Gegen diese Übertragung erhob Junker von Vercken als Gatte der Lysbet von Randenradt Einspruch, er wurde aber von dem genannten Bevollmächtigten am 26. März 1552 als unberechtigt zurückgewiesen, was vom Statthalter und den Latscheffen als zu Recht bestehend anerkannt wurde. Schon nach zwei Jahren wurde der Hof bereits wieder anderweitig verpfändet. Denn am 6. März 1554 empfing Junker Johann van Leraidt den Hof mit allem seinem Zubehör in Pfandschaft im Beisein von Meister Evert van den Graff als Sekretarius und Momber des ' Herrn von Arenberg; da der Hof aber beizeiten wieder eingelöst wurde, fiel er wieder an den Herrn von Arenberg zurück. Wie lange er ihn besessen hat, steht nicht fest. Im Jahre 1569 ist Werner von Hochsteden zu Klein-Siersdorf im Besitze des adligen Hofs zu Müllendorf, den seine Mutter Catharina von Hatzfeld im gleichen Jahre von der Gräfin Margaretha von der Marck zu Arburg gekauft hatte. Werner von Hochsteden starb kinderlos im Jahre 1588. Nach seinem Tode ging der Hof zu Müllendorf wahrscheinlich an seinen älteren Bruder Johann von Hochsteden zu Nothausen über, der mit Maria von Lutzenradt, der Witwe des von Velbrüggen zu Bachem, verheiratet war. Aus dieser Ehe stammen zwei Kinder, ein Sohn Wilhelm und eine Tochter Catharina von Hochsteden zu Nothausen. Letztere heiratete im Jahre 1592 den Hermann von Dadenberg zu Cleeburg, Sohn des Bernhard von Dadenberg zu Cleeburg und der Catharina Spies von Büllesheim, und nach dessen Tode im Jahre 1599 in zweiter Ehe den Otto Heinrich Walpott von Bassenheim, Herrn zu Gudenau. Aus dieser Ehe gingen außer dem Sohne Ferdinand Freiherr Wal pott von Bassenheim, der sich im Jahre 1633 mit Maria Quadt, Tochter des Wilhelm Quadt zu Buschfeld und der Maria von Palant zu Gladbach, verheiratete, noch drei Töchter hervor.
8. Besitzwechsel im 17. Jahrhundert
Im Anfange des 17. Jahrhunderts ist die Familie Walpott von Bassenheim im Besitze des Müllendorfer Hofes. Am Freitag, dem 22. Januar 1627, erschien auf dem Hofe zu . Müllendorf der "Ehrentvester und wolgelehrter Joannes Bathe, walpottischer Secretarius und Diener, persönlich' als Abgesandter des Otto Heinrich Walpott von Bassenheim und seiner Gattin Catharina, geborene Hochsteden zu Gudenau, und überbrachte eine unterschriebene und besiegelte Vollmacht, wonach die beiden genannten Eheleute nun ihrem Sohn Ferdinand Wal pott von Bassenheim neben anderen Besitzungen auch "den alingen Hoff zu Müllendorpff zu hohen und niedrigen, nassen und drügen, wie derselb zu Müllendorpff gelegen, nichts davon ab- noch außgescheiden, mit allen seinen Appertinenzien, Einkombsten und anklebenden Gerechtigkeiten" übergeben. Deshalb war nun der vorgenannte Sekretarius Bathe erschienen, um an Ort und Stelle Verzicht und Ausgang zu tun. Als Vertreter des neuen Besitzers war "der Ehrenthafft- und wolerfahrener Georgius Crup, Rhentmeister zu Nohthausen", erschienen, um im Namen des Ferdinand Walpott von Bassenheim den Hof unter den üblichen Gebräuchen zu empfangen, die wieder ausführlich angegeben werden. Denn er übernahm den Hof Müllendorf als ein Sonnen lehen "unter dem blauen Himell gegen klar scheinender Sonnen mit Auffwerffungh eines Stück Gelts ad einen G(old)g(ulden), so den Armen außgespindet worden, wie auch Außwerffungh etlicher Weißbroder und anderen kleinen Gelts mehr, und sich dessen also vor Stattheltern und Laeten bezeugt, auch ferner coram Notarrum Plum die Possession wurcklich apprehendiert". Außer den bereits genannten Vertretern beider Seiten waren bei dieser Übernahme noch anwesend der damalige Latstatthalter Johannes Schwan und die Latscheffen Johannes Haußmans, Jacob Gysen und Jacob Braun. Die Übertragung des Müllendorfer Hofes wurde aus unbekannten Gründen am 8.März 1631 unter den gleichen Gebräuchen erneuert, wobei die vorgenannten Vertreter der Latbank erneut genannt werden. Wieder war auch der vorerwähnte Rentmeister Georgius Crup im Auftrage seines HerrnFerdinand Walpott von Bassenheim zugegen, hinzu kam noch der Notarius Henricus Schreiber. Die Übertragung wurde auch diesmal "mit Auffwerffung• etlichen kleinen Gelts,so den Armen folgents außgetheilt worden", vollzogen. Am 18.August 1648 verkauften nun Ferdinand Freiherr Walpott von Bassenheim, der sich "Burggrave undt Herr des Hauß undt Lendtgen Drachenfeltz, Herr zu Landtscron undt GouGoudenaw, Meehl, Reuxen undt Billich, Pfandtherr des Ambts Wolckenburgh undt Trierscher Unterherrlichkeit Horchem, Churf(ürstlicher) D(ur)ch(lauch)t zu Collen Cammerer undt Rhadt" nennt, und seine Gemahlin Maria, geborene Quadt, genannt Walpottin, den "zu Müllendorff gelegenen freien! allodial adelichen Hoff sampt seinem Zubehoer, Ackerlandt, Garten, Weyden und Benden, Recht- und Gerechtigkeiten, Curmoden, Laetbanck, Zins, Capunen undt Erbpächten zu 'besagten Müllendorff, Süggeraedt, Würm undt wehe die fallen und inkommend sein". Der Ankäufer war Heinrich Wilhelm Freiherr von Leerodt zu Leerodt mit seiner Gattin Johanna Francisca von Courtenbach zu Helmondt. Diese beiden Eheleute erbauten um das Jahr 1647 das stattliche Herrenhaus von Schloß Leerodt 11) Die Kaufsumme für den Mülliendorfer Hof belief sich auf sechstausend Reichstaler als Kaufschilling und Dreihundert Reichstaler für den Verzicht . nebst "dem besten wolstaffierten Hengst" im Werte von einhundert Reichstaler. Dieser Betrag war in einer Summe am nächsten Michaels-Tage (29. September) 1648 in Köln abzuliefern. Der übliche Gottesheller, der den Armen zufiel, sollte drei Malter Roggen und eine Seite Speck betragen und der Weinkauf ländlich gehalten werden. Den vorliegenden Kaufvertrag unterschrieben und siegeHen die beteiligten Ehepaare. Die Familie von Leerodt blieb im Besitz des Müllendorfer Hofes bis ins 19. Jahrhundert. Im Jahre - 1820 wurde der Hof parzelliert. Ankäufer waren die Witwe Isabella Thelen des bereits genannten Halfen Christian Borgs, der am 5. Mai 1808 auf dem Müllendorfer Hofe verstorben war, und ihre fünf Kinder, von denen Anton Joseph Borgs, geboren am 26. Januar 1795, mit seiner Frau Catharina Wenzier, die er am 31. Juli 1826 geheiratet hatte, bis zu seinem Tode am 14. September 1884 als Gutsbesitzer auf dem Müllendorfer Hofe verblieb.!" Die Mutter Isabella Thelen war bereits am 23. Juni 1841 auf dem Müllendorfer Hof verstorben.