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Die St. Josef Schützenbruderschaft

Aus dem Leben der St. Josef Schützenbruderschaft Müllendorf - anlässlich des 100 jährigen Bestehens 1995

St. Josef Schützenbruderschaft

Im Juli des Jahres 1895 gründeten einige Männer und Jungmänner einen Verein unter dem Namen St. Josef Schützengesellschaft Müllendorf.

Ziel und Zweck der Gesellschaft war: Die christlichen Ideale hoch zu halten. Frohsinn und Heiterkeit zu fördern und den gegenseitigen Verkehr durch wahre Kameradschaft zu veredeln.

Ihren Zweck versuchte die Gesellschaft zu erreichen. Durch gegenseitige religiöse Förderung gesellige Veranstaltungen würdige Feier volkstümlicher Feste. Der erste Vorstand, welcher die Geschicke der Gesellschaft leitete, bestand aus folgenden Herren.

Fritz Baumanns Präsident - Wilhelm Wolters Schriftführer - Christian Reuters Kassierer

Durch den Opfersinn der Mitglieder war es schon möglich im Juli 1896 die erste Schützenfahne mit dem Bildnis des St. Josef anzuschaffen, welche in der Pfarrkirche in Würm feierlich eingeweiht wurde. Nur derjenige, welcher das höchste Angebot machte, durfte die neue Fahne bei Auzügen und sonstigen Anlässen tragen. Das höchste Angebot machte, Herr Christian Clemens in Höhe von 7,-- RM. Für das notwendig gewordene Schützensilber stiftete Herr Hubert Heitzer einen silbernen Vogel, mit der Bedingung, dass der Vogel an ihn zurückzugeben wäre, falls sich die Gesellschaft auflöse.

Daraufhin wurde beschlossen: Die Gesellschaft kann sich nicht auflösen, solange noch 4 Mitglieder für das Weiterbestehen sind. Sollte sich die Gesellschaft jedoch auflösen, so soll der ganze Bestand der Pfarrkirche Würm verfallen. Dieser Beschluss wurde in den Statuten niedergeschrieben. Die Aufnahme von neuen Mitgliedern war streng und geheim in den jeweiligen Quartalsversammlungen. Jedes anwesende aktive Mitglied war stimmberechtigt und bekam eine weiße und eine schwarze Bohne, die Weiße war für und die Schwarze gegen die Aufnahme. Diese Art wurde Ballotage genannt. Auf diese Art wurde auch der gesamte Vorstand gewählt.

Die Mitgliederzahl wuchs und unter dem Kommando der Offiziere: Hubert Kreutz Hauptmann -  Kaspar Schlafen Leutnant - Heinrich Görtz Leutnant wurden viele Schützenfest nah und fern besucht und manche schönen Preise brachten sie mit zurück.

Auch war es Pflicht, die Fronleichnamsprozession zu begleiten, ebenso am Patronatsfest die gemeinschaftlich hl. Messe für die Verstorbenen Mitglieder zu besuchen. Die Kirmesfeiern, Kaisers Geburtstag (bis Ende 1. Weltkrieg) Rekrutenabschied, Reservistenheimkehr wurden in gebührender Weise gefeiert.

Die jeweiligen Versammlungen waren abwechselnd in den drei Wirtschaften, die noch bis 1944 vorhanden waren (im 2. Weltkrieg wurden zwei davon total zerstört). Die Festlichkeiten verliefen immer in Ruhe und Ordnung und waren gut besucht, so konnte man in verschiedenen Fällen auf die Beiträge verzichten. Bis zum Jahre 1904 wurde der jeweilige Schützenkönig ausgelost. Erst im Jahre 1905 errang als erster Christian Reinartz die Königswürde durch Schießen. Die Festwiese war bei Herrn Franz Willins (jetzt Wiese Jentgens). Das Fest wurde unter Anteilnahme der ganzen Bevölkerung mit großem Jubel gefeiert und diese Feiern wiederholten sich bis 1914 der 1. Weltkrieg ausbrach. Alle Feierlichkeiten wurden abgesagt und statt deren wurden mache Trauerfeiern für die Gefallenen der Schützengesellschaft und des Dorfes abgehalten. Die nachfolgenden Zeiten mit der Inflation sind vielleicht noch einigen in Erinnerung.

Im Jahre 1920 feierte die Schützengesellschaft das 25-Jährige-Stiftungsfest. 25 Schützengesellschaften nahmen daran teil. Die große Preisparade war wegen Platzmangel auf dem Würmer Bruch, die Festwiese am Müllendorfer Hof (Wiese Pyls), konnte diese Besucherzahl nicht fassen. Das Preisschießen war mit Pfeil und Bogen, denn die damaligen Besatzungstruppen ließen ein Schießen mit den Flobertbüchsen nicht zu.

Am 15. Oktober 1922 wurden Dank des Opfersinns der Schützen und der Dorfbewohner die Gedenktafeln für die Gefallenen am Dorfkreuz angebracht.

Alsdann wurde eine neue Samtfahne angeschafft. Diese wurde am 07. August 1933 mit dem Fahnenweihfest in der Pfarrkirche zu Würm durch Herrn Pastor Dolunen geweiht. Gleichzeitig mit dem Weihfest war das Verbandsfest für den Kreis Geilenkirchen. Zahlreiche Vereine nahmen an diesem Fest teil Es wurde noch einige auswärtige Fest besucht aber der gezwungene Beitritt ZUlll Deutschen Schützenverband lichtete die Reihen der Schützen. Das letzte Protokoll wurde am 01. Juni 1936 niedergeschrieben. Es fand sich niemand mehr bereit die Geschäfte der Schützengesellschaft zu übernehmen. Die aufgezwungene Anordnung des Schützenverbandes machte ein Weiterbestehen der Gesellschaft unmöglich.

Es kam der 2. Weltkrieg mit seinen Bombennächten, Angst und Drangsal. Das schlimmste war die Evakuierung bis weit in Mitteldeutschland hinein. Durch die lange Kämpfe in den Jahre' 44 und '45 war unser Dorf bis zur "Unkenntlichkeit" zerstört. 11 Wohnhäuser waren restlos zerstört, die vorhandenen jedoch stark beschädigt. Bei der Rückkehr erkannten viele ihre Wohnhäuser kaum noch wieder. Die Lebensbedingungen waren hart, das Brot, das zudem noch in Übach geholt werden musste, war schlecht. Da kein Wasser vorhanden war, musste der Brunnen am Kreuz geöffnet werden. Die Landwirte hatte kein Vieh und die Felder konnten nur notdürftig bestellt werden. Dazu kamen noch in großen Schwärmen die Kartoffelkäfer, die großen Schaden verursachten. Jeder hatte seine liebe Not am Leben zu bleiben und das Zerstörte wieder aufzubauen. Trotz dieser akuten Not herrschte aber immer der Gedanke, die St. Josef Schützengesellschaft wieder aufleben zu lassen. Bei einer einberufenen Versammlung am 18. August 1956 wurde der Beschluss der Wiederbegründung gefasst.

Unter dem Wahlspruch: "Aus alter Wurzel neue Kraft" bekannten sich 50 Männer und Jungmänner zur neuen Schützengesellschaft. Die alten noch vorhandenen Statuten wurden anerkannt und der neue Vorstand wurde gewählt. Das gesamte alte Schützeninventar. 2 Fahnen, 3 Offiziersausrüstungen und die gesamten Schützenhüte waren verloren gegangen.

Schon am 31. März 1957 konnte die St. Josef Schützengesellschaft Dank des Opfersinns, die Offiziere in schmucker Uniform, die Schützen in dunklem Anzug, ihre erste Seidenfahne mit dem Bildnis des St. Josef, des Arbeiters, sowie eine eigens angefertigte Schwenkfahne mit dem Wahlspruch

"GLAUBE! - SITTE! - HEIMAT! "

in der Pfarrkirche zu Würm feierlich von Hochw. Herrn Pastor und gleichzeitigem Präses geweiht werden.

Bei der Wiedergründung wurde gleichzeitig beschlossen, das durch den Krieg zerstörte Dorfkreuz mit seinen Gedenktafeln wieder neu aufzurichten. Ein Zuschuss von der Gemeinde bildete den Grundstock. Eine große Sammelaktion setzte ein und nicht nur Müllendorfer, sondern auch außerhalb wohnende beteiligten sich an der Aktion. Mit dem Bau konnte nun begonnen werden. Die Einfassung, sowie der Sockel sind aus Schevenhüttener Bruchstein und von Müllendorfern Männern und Jungmännern unentgeltlich errichtet. Die Gedenktafel von der Fa. Hermanns aus schwarzem Granit enthält die Namen der Gefallenen aus Müllendorf:

9 aus dem Kriege 1914 bis 1918,
13 aus dem Kriege 1939 bis 1945,
2 Vermißte und 2 Jungmädels,

die den Bomben zum Opfer fielen. Da die Dorfgemeinschaft in Müllendorf immer ein sehr starkes Zusammengehörigkeitsgefühl verband, wurden neben den von der Bruderschaft inzenierten Veranstaltungen auch andere Veranstaltungen abgehalten.

Im Laufe der Zeit entstand eine Theatergruppe. Die ersten Veranstaltungen fanden im Jahre 1956/57 statt. Unter der Regie von Otto Wawra und der Gestaltung der Bühnen- bilder durch Viktor Franken wurden verschiedene Stücke aufgeführt. Eines der schönsten Stücke, zu der Josef Jäger eine hervorragende Lichtanlage konstruiert hatte, war " Der Linsemann". Bei einer Einnahme von 344 ,-- DM und den entandenen Kosten von 255, -- DM konnte man schon einen schönen Gewinn verzeichnen. Diese Aufführungen, die in regelmäßigen Abständen in der Gaststätte Baumanns stattfanden, waren sehr stark besucht und dienten somit der Förderung der Dorfgemeinschaft in sehr starkem Maße.

Einen traditionellen Platz in dieser Chronik nimmt auch das sog. " Hahnhauen" ein, dass über viele Jahrzehnte hinweg kontinuierlich in Müllendorf stattfand. In der Vorfastnachtszeit trafen sich alle Kinder des Dorfes, die der Reihe nach versuchten einem bereits zum Verzehr geschlachteten Hahn symbolisch den Kopf abzuschlagen. Der Sieger durfte sich dann für ein Jahr "Hahnkönig" nennen. Anschließend wurde denn gesammelt und gekocht. Der Säbel übrigens, der für diese Zwecke genutzt wird, stammt aus dem Jahre 1871.

1976/77 wurde für die Bruderschaft eine neue Schützenfahne angeschafft, die sog. Hauptfahne. Da die Komplettfahne unerschwinglich war, beschloss man nur das Material zu kaufen. Diese Kosten beliefen sich auf ca. 800,-- DM. Wer sollte diese Fahne aber fertigen? Margret Esser erklärte sich schließlich diese Arbeiten zu übernehmen, die mehrere Monate in Anspruch nahm. Im Laufe der Zeit wurde schließlich auch das Wappen der Bruderschaft neu aufgearbeitet. Neben dem Bildnis des St. Josef, der Beil und Winkel in den Händen hält, kann man die Mühle und die Wurm erkennen. Die Veranstaltungen der Bruderschaft waren stets ein großer Erfolg, sodass auch viele Bewohner der umliegenden Dörfer diese Feiern besuchten.

Als Beispiel können wir einmal vergleichen: Der Bierbedarf während des Vogelschusses 1963 belief sich auf ca. 3 Kisten Bier, die Josef Baumarms damals per Schubkarre anlieferte. 1994 belief sich der Bierkonsum (jedoch an zwei Tagen) auf ca. 5 hl. So hat sich der Gedanke der drei Männer aus Müllendorf eine Schützengesellschaft zu gründen, von 1895 bis dato erhalten. Auch heute noch sind die einzelnen traditionellen Feierlichkeiten erhalten geblieben, was von einer intakten Schützen- aber nicht zu vergessen, intakten Dorfgemeinschaft erkennen lässt.

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